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Seidenstadt Krefeld (NW)

400 Jahre Textilindustrie und die damit verbundenen Menschen haben unzählige Spuren in der Stadt hinterlassen. Wir wollen ihnen folgen und dabei die Wegweiser ins 21. Jahrhundert beachten:

Texte und Fotos von Christiane Trunz, Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, zur Geschichte der Stadt Krefeld:

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Opens internal link in current windowSeidenstadt Krefeld - Ein textiler Spaziergang -

Krefeld - Stadt wie Samt und Seide -

  • Was verbirgt sich hinter diesem Slogan?
    Krefeld, eine Stadt am Niederrhein, 233.000 Einwohner, Hauptwirtschaftszweige Chemieindustrie,  Metallindustrie, Maschinenbau. Wo ist das Textile geblieben? Machen wir eine Zeitreise.

    „Krinvelde“ wird 1105 erstmals urkundlich erwähnt, „Crefeld“ erhält 1373 Stadtrechte, 1584 wird die Stadt im Truchsesschen Krieg nahezu völlig zerstört und unbewohnbar. 1594 bekommt das Haus Oranien die Stadt und das tut ihr gut. Diese Zugehörigkeit zu Oranien hat zur Folge, dass Krefeld kaum von den Kämpfen des 30 jährigen Krieges berührt wird und allen Bewohnern der Stadt Religionsfreiheit gewährt wird. Verfolgte aller Konfessionen aus der Umgebung und anderen Gebieten Deutschlands finden in Crefeld Zuflucht. Die Ansiedlung von Glaubensflüchtlingen erwies sich als wirtschaftlicher Vorteil.

    Mennoniten, wie die Familie von-der-Leyen, hatten zunächst wenig Interesse, Land zu erwerben, und spezialisierten sich auf den Flachs- bzw. Leinenhandel  mit Holland. Um 1680 trieb die billige holländische Baumwolle aus Übersee etliche Krefelder in den Bankrott. Mennonitische Einwandererfamilien, allen voran die von-der-Leyens, wandten sich dem Handel mit Seide zu und halfen somit Krefeld aus der Wirtschaftskrise.
    Sie kauften Rohseide, ließen sie in Krefeld verarbeiten und verkauften die teuren Stoffe an Adelshäuser und Kirche in ganz Europa. 1702 wurde Krefeld preußisch, die Seidenindustrie erlangte durch die Förderung des preußischen Königshauses eine Monopolstellung.

  • Stadt, Handel und Gewerbe wuchsen und bald lebte mehr als die Hälfte der Krefelder Bevölkerung von der Seide. 1794 wurde durch die Franzosen die Gewerbefreiheit eingeführt. Die Firma von-der-Leyen verlor ihr Seidenmonopol, es entstanden neue Seidenverlage.

    Die Seidenveredelungsindustrie kam auf, als Zulieferer entstanden Gießereien, Maschinenbau- und Chemiefirmen. Der Strukturwandel setzte sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts fort, aber dem Textilsektor fiel weiterhin eine wichtige Rolle zu. 1920 schlossen sich acht Firmen zu der „Vereinigte Seidenweberein AG“ (Verseidag) zusammen und 1937 wurde die „Rheinische Kunstseiden AG“ (Rheika) gegründet. Im Zuge der Verlagerung der Textilproduktion nach Fernost in den letzten 50 Jahren sind heute in Krefeld überwiegend die Geschäftsbereiche Kreation, Marketing und Vertrieb angesiedelt. Es gibt sie aber noch. Firmen wie Interface (Teppichfliesen), Ascot (Krawatten) und Verseidag Indutex (Stadiondächer), um nur drei zu nennen, pflegen den guten textilen Ruf dieser Stadt. Nach wie vor stammen ca. 66% der deutschen Krawatten aus Krefeld!

    Das Fachwissen über textile Materialien, Maschinen und Design finden wir heute nicht nur in der Textil- und Bekleidungsindustrie, sondern ebenso in der Fachhochschule Niederrhein. Hier wird sie zukunftsweisend weitergegeben.

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Seidenstadt Krefeld - Ein textiler Spaziergang -

  • 400 textile Jahre haben der Stadt ihren Stempel aufgedrückt. Im Rahmen der Bundesfachtagung 2017 laden wir sie zu einem Spaziergang durch Krefeld ein. Hier an dieser Stelle wollen wir Ihnen schon einmal eine kleine Auswahl der textilen Spuren vorstellen, die es zu entdecken gibt.

    Sie kommen mit der Bahn nach Krefeld?
    Steigen sie in Ruhe aus Ihrem Zug aus und nehmen Sie sich ein wenig Zeit für das Bahnhofsgebäude bevor Sie Ihr Hotel aufsuchen. 1907 erbaut, hat es zwei Weltkriege unbeschadet überstanden. Betrachten Sie die geschwungenen Decken der hohen Halle, die Mosaike, die Malereien und die Sandsteinfassade. Krefeld galt Anfang des 20. Jahrhunderts als Zentrum des deutschen Jugendstils. Viele Bauten sind im zweiten Weltkrieg zerstört worden. Es gibt aber noch etliche Häuser und Plätze, die überlebt haben und den Reichtum dieser Zeit widerspiegelt, den die Seidenbarone in die Stadt gebracht haben.

    Wenn Sie sich der Altstadt vom Hauptbahnhof nähern oder einen Blick auf den Stadtplan werfen, fällt Ihnen sicher sofort das lang gezogene Rechteck auf, das die Altstadt einrahmt. Krefelds Wallstraßen (Südwall, Ostwall, Nordwall, Westwall) verlaufen geradlinig und kreuzen sich rechtwinklig. Sie folgen nicht der ehemaligen Stadtbefestigung wie in vielen Städten, sondern sind auf die 6.Stadterweiterung zurückzuführen.

    Im 17.Jahrhundert nahm Krefeld so viele Glaubensflüchtlinge auf, dass die Einwohnerzahl bis 1720 von wenigen Hundert auf ca.6000 stieg. Sie brachten Handel und Handwerk mit Textilien in die Stadt. Von 1757 bis 1816 verdoppelte sich die Einwohnerzahl noch einmal nahezu von 7500 auf 14400. All das führte zu einer Stadterweiterung nach der anderen. Nun, folgen wir den Spuren.

    Das Wallgeviert ist eine Promenade mit zwei- und dreireihigen Baumbepflanzungen, Wegen, Plätzen, Bänken, Spielplätzen und Denkmalen. Die ganze Anlage ist ca. 1km lang, aber nur halb so breit. Vom Bahnhof kommend stoßen Sie nach knapp 200m an der Ecke Südwall/Ostwall auf das Seidenweberdenkmal „Meister Ponzelar“. Der Meister ist sonntäglich gekleidet, er trägt eine Tuchrolle auf der Schulter und in der Hand einen Sack mit leeren Garnrollen. Im Sockel des Denkmals sieht man auf einem Relief eine typische Weberstube.

    Wir wenden uns nach links und gehen den Südwall und dann die dritte Straße rechts in die Altstadt. Wir befinden uns in der Hochstraße. Auf diesem Wege kommen wir in den Kern der Altstadt. Hier befinden sich drei bemerkenswerte Kirchen:
    Alte Kirche (ev./Schwanenmarkt),  Dionysiuskirche (kath./ Dionysiusplatz), Mennonitenkirche (Kirchstraße).

  • Die Alte Kirche ist im Kriege zerstört worden und wurde danach wieder aufgebaut. Sie steht an dem Ort des ersten Kirchenbaus aus dem 12.Jahrhundert. Die Alte Kirche wurde im Zuge der Reformation zu einem evangelischen Gotteshaus, so dass Krefeld 150 Jahre keine katholische Kirche hatte. Erst der Alte Fritz gestattete seinen fleißigen Krefeldern, wieder eine katholische Kirche zu errichten (die Dionysiuskirche). Die Mennonitenkirche aus dem Jahre 1696 ist eine sogenannte Hofkirche. Sie war durch ein Tor an der Mennoniten-Kirchstraße zugänglich. Das Mennonitentor ist heute das älteste Bauwerk der Krefelder Innenstadt.

    Zurück in der Hochstraße finden sie unter den vielen Geschäften auch das älteste Kaufhaus der Stadt: das Sinn-Haus (das Stammhaus der Firma) steht seit 150 Jahren hier und hat gerade im vergangenen Jahr nach umfassender Sanierung wieder neu eröffnet.

    Wenn Sie nun noch ein paar Straßen weiter nach Norden gehen, erreichen wir das Rathaus auf dem Von-der-Leyen-Platz. Das Rathaus wurde 1794 als Stadtschloss der Seidenbarone von-der-Leyen erbaut. Es wurde 1860 von der Stadt Krefeld gekauft und seither als Rathaus genutzt.

    Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Wallgevierts finden sie weitere Straßennamen, die an Textilproduktion und Seidenbarone erinnern. Sehenswert sind südwestlich der Altstadt: Alexanderplatz, Corneliusplatz, Corneliusstraße. Tannen- und Garnstraße gehören zum Samtweberviertel mit seinen für Weber typischen „Dreifensterhäuser“, die auch mal vier Fenster haben können. Die großen Fenster im Erdgeschoss und in der ersten Etage ließen viel Licht ins Haus. Hier standen die Webstühle.

    Reiche Seidenfabrikanten und wohlhabende Bürger bauten Häuser und legten Plätze im Jugendstil an. Ganze Straßenzüge zeugen auch heute noch davon, dass Krefeld um 1900 als reichste Stadt Preußens galt. Etliche Parkanlagen wie auch das Zoogelände gehörten einmal zum Grundbesitz der Fabrikanten dieser Stadt.

     

     

     

    Wir freuen uns darauf, mit Ihnen dieses und noch einiges mehr bei der Bundesfachtagung im Oktober 2017 zu entdecken.

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